LESERFRAGEN EXPERTENTELEFON \"Gebärmutterhalskrebs\" am 08.09.2011

Die meistgestellten Leserfragen am Expertentelefon "Gebärmutterhalskrebs" am 08.09.2011

 

 

 

 

 

 

 

Was sind eigentlich Humane Papillomviren und wie kann ich mich anstecken?

  • Dr. med. Burkhard Ruppert, Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde in Berlin, Spezialist unter anderem im Bereich Impfungen sowie Jugendmedizin: Humane Papillomviren, kurz HPV, gehören in eine große Familie von Viren. Manche sind harmlos, aber einige Virentypen können Warzen im Genitalbereich auslösen, andere sogar Krebs am Gebärmutterhals verursachen. Sie werden durch Haut- bzw. Schleimhautkontakt beim Petting oder Geschlechtsverkehr übertragen. Selbst ein Kondom kann eine Ansteckung nicht sicher verhindern, da sich die Viren in der gesamten Schamgegend befinden. Schutz vor einer Infektion mit den HPV-Typen 16 und 18, die am häufigsten Gebärmutterhalskrebs verursachen, bietet die HPV-Impfung. Ein HPV-Impfstoff kann zusätzlich vor den HPV-Typen 6 und 11 schützen, die rund 90 Prozent aller Genitalwarzen auslösen können.

Was hat Gebärmutterhalskrebs mit Humanen Papillomviren zu tun?

  • Dr. med. Burkhard Ruppert: Bestimmte HPV-Infektionen sind für die Entwicklung von Gebärmutterhalskrebs verantwortlich. Rund 70 Prozent aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs werden durch die so genannten Hochrisiko-HPV-Typen 16 und 18 verursacht. Die weiteren 30 Prozent werden durch andere HP-Virentypen hervorgerufen. Bei den meisten Frauen bekämpft das körpereigene Immunsystem die Viren, die Infektion heilt dadurch ohne Folgen aus. Doch in einigen Fällen können die Humanen Papillomviren Zellveränderungen der Schleimhaut des Gebärmutterhalses verursachen. Etwa ein bis drei Prozent dieser Zellveränderungen können sich über einen Zeitraum von ungefähr zehn Jahren zu Gebärmutterhalskrebs entwickeln.

Können die Viren, die Genitalwarzen verursachen, auch zu Krebs führen?

  • Dr. med. Gunther Gosch, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin in Magdeburg, spezialisiert unter anderem auf den Gebieten Infektiologie und Impfmedizin: Nein, denn es handelt sich um verschiedene Typen des HP-Virus. Die so genannten Niedrigrisiko-HPV-Typen 6 und 11 verursachen rund 90 Prozent aller Genitalwarzen. Gebärmutterhalskrebs hingegen ist in 70 Prozent aller Fälle auf die Hochrisiko-HPV-Typen 16 und 18 zurückzuführen. Eine Infektion mit den HP-Viren 6 oder 11 bedeutet nicht, dass auch eine Infektion mit den krebserregenden Typen 16 und 18 vorliegt.

Meine Tochter ist 15 Jahre alt und soll jetzt zum ersten Mal zur Frauenärztin gehen. Ist es sinnvoll, dass diese gleich mit ihr über eine HPV-Impfung spricht? Wie genau läuft die Impfung ab und was muss beachtet werden?

  • Dr. med. Ina Ilkhanipur, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe in Gernsbach, Expertin für Kinder- und Jugendgynäkologie: Idealerweise erfolgt die HPV-Impfung vor den ersten sexuellen Kontakten, daher ist es sinnvoll, wenn Ihre Tochter beim ersten Termin mit ihrer Frauenärztin über die HPV-Impfung spricht. Auch wenn Ihre Tochter schon sexuelle Erfahrungen gemacht hat, ist die HPV-Impfung (und somit auch ein Gespräch über die Impfung) sinnvoll. Nicht zwingend steckt man sich bei den ersten sexuellen Kontakten mit HP-Viren an und wenn, dann auch nicht unbedingt mit allen HPV-Typen, vor denen eine HPV-Impfung schützen kann. Um einen bestmöglichen Impfschutz zu erreichen, müssen insgesamt drei Einzelimpfungen gegeben werden. Der Impfstoff wird in den Oberarmmuskel gespritzt. Nach Abschluss der Impfserie besteht Impfschutz vor den beiden häufigsten krebsauslösenden Virentypen.

Ich möchte meine 12-jährige Tochter keinem Risiko aussetzen: Wie sicher schützt die Impfung vor Gebärmutterhalskrebs? Gibt es Nebenwirkungen?

  • Dr. med. Burkhard Ruppert: Es gibt zwei Impfstoffe, die vor einer Infektion mit den beiden aggressivsten HP-Virentypen, die rund 70 Prozent aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs und seinen Vorstufen verursachen, schützen können. Die HPV-Impfstoffe wurden umfassend und erfolgreich auf ihre Sicherheit geprüft und bereits millionenfach verimpft. Wie bei allen Routineimpfungen sind die am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen Hautreaktionen an der Einstichstelle und eine vorübergehende Temperaturerhöhung als Reaktion des Immunsystems auf die Impfung.

Wie lange kann ich mich darauf verlassen, dass meine Tochter durch die Impfung geschützt ist?

  • Dr. med. Gunther Gosch: Ergebnisse einer Langzeitbeobachtung aus Skandinavien zeigen, dass die Impfung mindestens sieben Jahre einen Impfschutz bieten kann. Die jungen Skandinavierinnen waren schon 2003 im Rahmen der Zulassungsstudie mit dem tetravalenten, das heißt gegen vier HPV-Typen gerichteten, Impfstoff geimpft worden. Sie haben somit einen Beobachtungsvorsprung gegenüber den Mädchen und Frauen, die die Impfung seit ihrer Einführung in Deutschland im Herbst 2006 erhielten. Auch nach sieben Jahren entwickelten die jungen Frauen keine HPV- 6, 11, 16 und 18 assoziierten Erkrankungen oder behandlungsbedürftige Vorstufen. Die Daten der teilnehmenden Frauen werden weiterhin erfasst und ausgewertet, um zu prüfen, wie lange der Impfschutz besteht.

Muss ich nach der Impfung noch zur Früherkennungsuntersuchung beim Frauenarzt?

  • Dr. med. Friederike Gieseking, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, Oberärztin am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf, Zentrum für Frauen-, Kinder- und Jugendmedizin, Klinik und Poliklinik für Gynäkologie, Leiterin der Dysplasiesprechstunde: Die HPV-Impfung ersetzt nicht die regelmäßige Krebsfrüherkennungsuntersuchung beim Frauenarzt. Hierbei wird auch ein Abstrich vom Gebärmutterhals (so genannter Pap-Test) gemacht, um krankhafte Veränderungen am Gebärmutterhals frühzeitig zu erkennen.

Ich bin 32 Jahre alt und habe schon viel von der HPV-Impfung gehört. Nun überlege ich, mich noch impfen zu lassen. Nutzt die Impfung mir, obwohl ich schon Sex hatte?

  • Dr. med. Friederike Gieseking: Optimalerweise erfolgt die Impfung vor den ersten sexuellen Kontakten. Sie macht aber auch bei Frauen Sinn, die schon Geschlechtsverkehr hatten. Selbst Frauen, die mit einem der HPV-Typen infiziert sind, haben immer noch Schutz vor den restlichen HPV-Typen, gegen die die Impfung gerichtet ist.

Ich bin 21 Jahre alt und würde mich gerne impfen lassen. Muss ich selbst bezahlen oder übernimmt meine Kasse die Kosten?

  • Dr. med. Ina Ilkhanipur: Die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) empfiehlt seit 2007 offiziell die HPV-Impfung gegen die HPV-Typen 16 und 18 für Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren.

    Für die Mädchen in dieser Altersgruppe werden die Kosten für die Schutzimpfung von allen gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Doch auch für Frauen ab 18 Jahren erstatten immer mehr Krankenkassen die Kosten für die Impfung auf Anfrage.

Beim Sex benutze ich immer ein Kondom. Damit bin ich doch gegen eine Infektion mit HPV geschützt, nicht wahr?

  • Dr. med. Ina Ilkhanipur: Nein, Kondome können die Ansteckungsgefahr mit HPV bei konsequenter Verwendung zwar verringern, aber nicht vollständig verhindern. Geschützter Geschlechtsverkehr ist generell ein gutes Mittel zur Schwangerschaftsverhütung und zum Schutz vor anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen. HP-Viren werden jedoch nicht über Körperflüssigkeiten wie Blut oder Sperma übertragen, sondern über Hautkontakt (z. B. beim Petting) weitergegeben. Sie befinden sich im gesamten Schambereich. Da Kondome diesen Kontaktbereich nicht vollständig bedecken können, bleibt ein Ansteckungsrisiko bestehen.

Bei meinem letzten Frauenarztbesuch ist bei mir eine auffällige Zellveränderung an der Gebärmutter festgestellt worden. Was nun?

  • Dr. med. Friederike Gieseking: Veränderte, also abnormale Zellen des Gebärmutterhalses werden als zervikale Dysplasie bezeichnet und lassen sich durch einen Abstrich beim Frauenarzt nachweisen. Je schwerwiegender die Zellveränderung ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich daraus ein Zervixkarzinom (Gebärmutterhalskrebs) entwickeln kann. Dieser Prozess kann über Jahre verlaufen. Findet der Frauenarzt mittels eines Abstrichs abnormale Zellen und bilden sich diese in einem gewissen Zeitraum nicht von allein zurück, wird eine Probe des betroffenen Gewebes entnommen und untersucht (Biopsie). Ist der Befund weiterhin auffällig, wird in der Regel eine Konisation (kegelförmige Entnahme des veränderten Gewebes des Gebärmutterhalses) durchgeführt.

Wie gefährlich sind die Viren eigentlich für Männer? Sollte ich meinen 13-jährigen Sohn impfen lassen?

  • Dr. med. Gunther Gosch: Humane Papillomviren sind auch für Jungen und Männer gefährlich. Infektionen mit den Niedrigrisiko-HPV-Typen 6 und 11 können auch bei ihnen zu Genitalwarzen führen. Einer der beiden verfügbaren HPV-Impfstoffe schützt auch vor Genitalwarzen.

    Die Hochrisiko-HPV-Typen 16 und 18 können bei Männern und Frauen Analkrebs auslösen. Studien zeigen, dass die HPV-Impfung vor HPV-16, 18-bedingtem Analkrebs und seinen Vorstufen schützen kann. Daher ist in Amerika dieser HPV-Impfstoff zur Prävention von Analkrebs für Männer und Frauen zugelassen.
Quelle: deutsche journalisten dienste (djd),
Gesundheitsthemen